Zu unseren jährlich weit über 20 Millionen Besuchern gehört auch Herr Schulz (Name geändert), der unser Tool zu Anwaltskosten nutzen konnte. Anhand seines Beispiels zeigen wir, wie sich Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zusammensetzen. Die Berechnung basiert auf dem Streitwert und allen anfallenden Gebühren.
Das Wichtigste in Kürze
- Im folgenden Beispiel werden die Anwaltskosten ermittelt, nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht erzielt werden konnte.
- In vier Schritten werden alle Kosten für die außergerichtliche Vertretung, das Mahnverfahren sowie für die erstinstanzliche Vertretung bestimmt.
- Auch unser Anwaltskostenrechner leitet alle Rechenschritte für Sie her.
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So haben wir Herrn Schulz Anwaltskosten kalkuliert
Inhalt
Grundlagen zum Beispiel
- Herr Schulz führt einen Rechtsstreit mit einem säumigen Kunden, der ihm 50.000 Euro schuldet. Er bespricht mit seinem Anwalt, dass sie zunächst außergerichtlich versuchen möchten, den Streit beizulegen.
- Da der Schuldner allerdings nicht auf die "freundlichen Zahlungserinnerungen" eingeht, leitet Herr Schulz mit seinem Anwalt ein gerichtliches Mahnverfahren ein.
- Der Schuldner erhebt allerdings Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid, weshalb Herr Schulz als Gläubiger nun vor Gericht sein Recht und vor allem sein Geld einklagen möchte. In erster Instanz wird entschieden, dass die Forderung berechtigt ist. Der Schuldner wird zur Begleichung der Zahlung verklagt.
Der Gegenstandswert bzw. Streitwert beträgt also 50.000 Euro. Zur Berechnung der Anwaltskosten werden im Folgenden die außergerichtliche Vertretung, das Mahnverfahren sowie der Gerichtsprozess in erster Instanz berücksichtigt.
1. Außergerichtliche Vertretung
1.1 Geschäftsgebühr
Die Geschäftsgebühr entsteht, wenn der Anwalt den Auftrag erhält, für seinen Mandanten außergerichtlich und auch gegenüber Dritten tätig zu werden. Im vorliegenden Fall ist von einem mittleren Aufwand auszugehen, weshalb gemäß RVG 1,3 Gebührensätze erhoben werden. Eine 1,0-Gebühr bei einem Gegenstandswert von 50.000 Euro beträgt 1.279,00 Euro nach § 13 RVG (siehe hierzu: Tabelle der Anwaltskosten gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG). Somit ergibt sich die Geschäftsgebühr wie folgt:
Außergerichtliche Geschäftsgebühr |
---|
1,3 × 1.279,00 = 1.662,70 Euro |
Allgemein beträgt die Geschäftsgebühr gemäß RVG VV 2300 0,5 bis 2,5 Gebührensätze und entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Hat der Anwalt mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit, so erhöht sich seine Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr je weitere Person um 0,3 Gebührensätze gemäß Nr. 1008 Vergütungsverzeichnis (VV) des RVG. Die maximale Erhöhung beträgt allerdings 2,0 Gebührensätze, was bedeutet, dass bei mehr als acht Mandanten keine weitere Erhöhung festgesetzt wird. Eine Ausnahme bildet die Verfahrensgebühr im Rahmen des Antrags auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Für diese wird keine Erhöhungsgebühr aufgrund mehrerer Auftraggeber veranschlagt.
Wird außergerichtlich keine Einigung erzielt und anschließend gerichtlich vorgegangen, wird die Hälfte der Geschäftsgebühr, maximal aber ein Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.
1.2 Anwaltskosten gesamt
Die außergerichtlichen Anwaltskosten für Herrn Schulz setzen sich wie folgt zusammen:
Außergerichtliche Anwaltskosten | ||
---|---|---|
Geschäftsgebühr | 1.662,70 Euro | |
"Post-Pauschale" | + 20,00 Euro | |
19 % MwSt. | + 319,71 Euro | |
Summe | = 2.002,41 Euro |
Die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß RVG VV 7002 in Höhe von 20,00 Euro wurde hier für die Ermittlung der Summe berücksichtigt. Sofern höhere Auslagen als die Pauschale nachgewiesen werden, können diese komplett nach VV 7001 erhoben werden.
Sonstige Kosten gemäß RVG 7000, 7003ff setzen sich u.a. zusammen aus Pauschalen für die Ablichtung von Gerichtsakten, Fahrtkosten und Auslagen von Geschäftsreisen. Solche sonstigen Kosten wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
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2. Mahnverfahren
2.1 Verfahrensgebühr
Diese Gebühr entsteht für die Vertretung des Mandanten u.a. zur Beratung und Beantragung des Mahnbescheids bzw. des Vollstreckungsbescheids und allen damit zusammenhängenden Tätigkeiten.
2.1.1 Mahnbescheid: Verfahrensgebühr
Die Berechnung der Anwaltskosten im Zusammenhang mit dem Erlass eines Mahnbescheids basiert wieder auf dem einfachen Gebührensatz,
der sich anhand eines Streitwerts von 50.000 Euro nach RVG ergibt. Als Gläubiger der strittigen Forderung und damit als Antragsteller
des Mahnbescheids muss Herr Schulz grundsätzlich 1,0 Gebührensätze an Anwaltskosten aufbringen. Jedoch wird die bereits außergerichtlich
erhobene Geschäftsgebühr für seinen Anwalt in Höhe von 1,3 zur Hälfte angerechnet (max. 0,75). Es werden also 0,65 auf die Verfahrensgebühr
des Mahnverfahrens angerechnet. Sie beträgt daher
Mahnbescheid: Verfahrensgebühr |
---|
0,35 × 1.279,00 = 447,65 Euro |
2.1.2 Vollstreckungsbescheid: Verfahrensgebühr
Die Verfahrensgebühr beträgt beim Vollstreckungsbescheid für Herrn Schulz als Antragsteller grundsätzlich 0,5 Gebührensätze. Die Verfahrensgebühr für den Anwalt ergibt sich also folgendermaßen:
Vollstreckungsbescheid: Verfahrensgebühr |
---|
0,5 × 1.279,00 = 639,50 Euro |
Allgemein sind diese Verfahrensgebühren im RVG unter Nr. 3305, 3307, 3308 geregelt und betragen beim Mahnbescheid als Antragsteller 1,0 Gebührensätze, als Antragsgegner 0,5 Sätze. Beim Volltreckungsbescheid betragen sie für den Antragsteller 0,5 Sätze und für den Antragsgegner 0,0 Sätze. Sie entstehen für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Beim Manbescheid erhöht sich die Verfahrensgebühr je weiterer Mandant wieder um 0,3 Gebührensätze, beim Vollstreckungsbescheid hingegen nicht.
2.2 Anwaltskosten gesamt
Die Anwaltskosten zur Vertretung von Herrn Schulz im Mahnverfahren setzen sich wie folgt zusammen:
Mahnverfahren Anwaltskosten | ||
---|---|---|
Verfahrensgebühr Mahnbescheid | 447,65 Euro | |
Verfahrensgebühr Vollstreckungsbescheid | + 639,50 Euro | |
"Post-Pauschale" | + 20,00 Euro | |
19 % MwSt. | + 210,36 Euro | |
Summe | = 1.317,51 Euro |
Die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß RVG VV 7002 in Höhe von 20,00 Euro wurde hier für die Ermittlung der Summe berücksichtigt. Sofern höhere Auslagen als die Pauschale nachgewiesen werden, können diese komplett nach VV 7001 erhoben werden.
Sonstige Kosten gemäß RVG 7000, 7003ff wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
3. Erste Instanz
3.1 Verfahrensgebühr
Die Verfahrensgebühr entsteht für die Vertretung von Herrn Schulz im Gerichtsverfahren, u.a. zur Vorbereitung der Klage,
den Entwurf der Klageschrift und das Einreichen der Klageschrift.
Die 1,0-Gebühr bei einem Streitwert von 50.000,00 Euro beträgt, wie gehabt 1.279,00 Euro (§13 RVG).
Die Verfahrensgebühr beträgt in der 1. Instanz grundsätzlich 1,3 Gebührensätze.
Jedoch wird die Verfahrensgebühr zur Beantragung des Mahnbescheids in vollem Umfang mit 1,0 Sätzen angerechnet.
Laut BGH-Entscheid wird hier also nicht lediglich der dort wegen anrechenbarer Geschäftsgebühren aus der außergerichtlichen
Vertretung um 0,65 auf 0,35 verringerte Gebührensatz angerechnet.
Sie beträgt daher
1. Instanz: Verfahrensgebühr |
---|
0,3 × 1.279,00 = 383,70 Euro |
Allgemein ist die Verfahrensgebühr im RVG für die 1. Instanz unter Nr. 3100 geregelt und beträgt 1,3 Gebührensätze. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich die Verfahrensgebühr je weitere Person wieder um 0,3 Gebührensätze gemäß Nr. 1008 Vergütungsverzeichnis (VV) des RVG.
3.2 Terminsgebühr
Diese Gebühr entsteht für die Vertretung von Herrn Schulz z.B. in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin. Die Terminsgebühr beträgt in der 1. Instanz immer 1,2 Gebührensätze. Die 1,0-Gebühr bei einem Streitwert von 50.000,00 Euro beträgt nach wie vor 1.279,00 Euro. Somit ergibt sich die Terminsgebühr wie folgt:
1. Instanz: Terminsgebühr |
---|
1,2 × 1.279,00 = 1.534,80 Euro |
Allgemein ist die Terminsgebühr im RVG für die 1. Instanz unter Nr. 3104 geregelt und beträgt 1,2 Gebührensätze. Sie entsteht sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für
- die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und
- die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.
3.3 Anwaltskosten gesamt
Die Gesamtkosten der 1. Instanz setzen sich wie folgt zusammen:
1. Instanz: Anwaltskosten gesamt | ||
---|---|---|
Verfahrensgebühr | 383,70 Euro | |
Terminsgebühr | + 1.534,80 Euro | |
"Post-Pauschale" | + 20,00 Euro | |
19 % MwSt. | + 368,32 Euro | |
Summe | = 2.306,82 Euro |
4. Anwaltskosten für den gesamten Rechtsstreit
Die Gesamtkosten bilden sich aus der Addition der außergerichtlichen Anwaltskosten, der Anwaltsvergütung für das gerichtliche Mahnverfahren und den erstinstanzlichen Anwaltsgebühren:
Anwaltskosten für den gesamten Rechtsstreit | ||
---|---|---|
Anwaltskosten außergerichtlich | 2.002,41 Euro | |
Anwaltskosten gerichtliches Mahnverfahren | + 1.317,51 Euro | |
Anwaltskosten 1. Instanz | + 2.306,82 Euro | |
Summe | = 5.626,74 Euro |
Erhöhte Kosten bei umfangreichen Beweisaufnahmen
Sollten in einer Instanz mindestens drei Beweisaufnahmen erforderlich sein, in denen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden, so erhöht sich das Kostenrisiko um weitere 0,3 Gebührensätze für die jeweilige Instanz, im vorliegenden Fall also um 0,3 × 1.279,00 Euro und damit um 383,70 Euro. Die Gebühr entsteht für den durch besonders umfangreiche Beweisaufnahmen anfallenden Mehraufwand.
Weitere Kosten
Besonderheiten wie z.B. Sachverständigenkosten oder etwaige Zeugenentschädigungen bei gerichtlichem Vorgehen können im Voraus nicht kalkuliert werden. Solche Aufwände erhöhen also zusätzlich das Gesamtkostenrisiko.
Ergebnis und Fazit
Letztlich gewinnt Herr Schulz den Prozess und er erhält die säumigen 50.000 Euro. Der Prozessgegner unterliegt und muss demnach sämtliche Gerichtskosten und auch die Anwaltskosten des gesamten gerichtlichen Verfahrens von Herrn Schulz zahlen.
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Quellenangaben
Insbesondere die Informationen folgender Quellen haben wir für die Themenwelt "Anwaltskosten" verwendet:
- RVG - Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Juris und Bundesministerium der Justiz)
- GKG - Gerichtskostengesetz (Juris und Bundesministerium der Justiz)
- Wikipedia
- Wikipedia - RVG
Letzte Aktualisierung
Diese Seite der Themenwelt "Anwaltskosten" wurde von mir, Stefan Banse, zuletzt am 09.02.2025 redaktionell überprüft oder ergänzt. Sie entspricht dem aktuellen Stand. Hier habe ich übrigens 4 ausgewählte Nutzerfragen zum Thema RVG-Rechner beantwortet.
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