Prozesskosten

Beispiel für die Höhe von Prozesskosten

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Herr Schäfer und Herr Meyer, regelmäßige Besucher unserer über 200 Online-Tools, suchten bei uns Rat, um die Prozesskosten für ihren Rechtsstreit einzuschätzen. Anhand ihres Falls zeigen wir die entstehenden und möglichen Kosten.

Autor Stefan Banse

Als Experte für diesen Bereich betreue ich alle Aktualisierungen und Nutzerfragen zum Thema Prozesskostenrechner. Mehr über mich: Stefan Banse

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So konnten wir das Risiko der Prozesskosten aufzeigen.

Grundlagen für das Beispiel

Herr Schäfer und Herr Meyer führen zusammen einen Rechtsstreit mit einem Kunden, der ihnen 100.000 Euro schuldet. Sie beauftragen einen Anwalt, der zuerst versucht, die Sache außergerichtlich zu klären. Da dies nicht gelingt, erheben sie Klage.

Weil der Fall nicht so eindeutig ist wie gedacht, einigen sie sich in der 1. Instanz mit dem Beklagten auf einen Kompromiss: Die Kläger bekommen die 100.000 Euro, und die Prozesskosten werden je zur Hälfte vom Beklagten sowie von Herrn Schäfer und Herrn Meyer getragen.

Der Streitwert liegt damit bei 100.000 Euro. Der eigene Anwalt vertritt zwei Mandanten in derselben Sache, während der gegnerische Anwalt nur einen Mandanten vertritt.

1. Außergerichtlich

1.1 Außergerichtliche Geschäftsgebühr

Eine Geschäftsgebühr entsteht, wenn der Anwalt beauftragt wird, seinen Mandanten außergerichtlich und auch gegenüber Dritten zu vertreten.

Im Fall "Schäfer/Meyer" geht man von mittlerem Aufwand aus. Daher fallen laut RVG 1,3 Gebührensätze an. Da zwei Mandanten in derselben Sache vertreten werden, kommen 0,3 Gebührensätze hinzu.

Die 1,0-Gebühr bei einem Streitwert von 100.000,00 Euro beträgt 1.755,00 Euro nach § 13 RVG (siehe: Tabelle der Anwaltsgebühren nach RVG). Daraus ergibt sich die Geschäftsgebühr:

Außergerichtliche Geschäftsgebühr
1,6 × 1.755,00 = 2.808,00 Euro

Allgemein beträgt die Geschäftsgebühr nach RVG VV 2300 zwischen 0,5 und 2,5 Gebührensätzen. Sie entsteht für das Führen der Angelegenheit, die Information des Mandanten und die Mitwirkung bei einem Vertrag. Mehr als 1,3 kann nur verlangt werden, wenn die Arbeit umfangreich oder schwierig war. Bei mehreren Mandanten in derselben Sache erhöht sich die Gebühr je weiterer Person um 0,3 Gebührensätze nach Nr. 1008 VV RVG.

Die Erhöhung ist auf 2,0 Gebührensätze begrenzt. Ab mehr als acht Mandanten wird nichts weiter addiert. Kommt außergerichtlich keine Einigung zustande und wird danach Klage erhoben, wird die Hälfte der Geschäftsgebühr, höchstens 0,75, auf die Verfahrensgebühr angerechnet.

1.2 Außergerichtliche Gesamtkosten

Die außergerichtlichen Gesamtkosten für Herrn Schäfer und Herrn Meyer setzen sich wie folgt zusammen:

Außergerichtliche Gesamtkosten
Geschäftsgebühr2.808,00 Euro
Pauschale für Post und Telefon+ 20,00 Euro
19 % MwSt.+ 537,32 Euro
Summe= 3.365,32 Euro

Die Pauschale für Post- und Tele­kommunikations­kosten nach RVG VV 7002 beträgt 20 Euro und wurde hier einbezogen. Höhere nachgewiesene Auslagen können nach VV 7001 vollständig berechnet werden.

Weitere Kosten nach RVG 7000, 7003 ff. können zum Beispiel für Kopien von Gerichtsakten, Fahrtkosten, Geschäftsreisen oder für eine besondere Haftpflicht­versicherung anfallen. Solche Kosten sind hier nicht berücksichtigt.

2. Erste Instanz

2.1 Erste Instanz: Verfahrensgebühr

Die Verfahrensgebühr fällt für die Vertretung im Gerichtsverfahren an. Dazu zählen die Vorbereitung der Klage, der Entwurf und das Einreichen der Klageschrift. Eine 1,0-Gebühr liegt bei einem Streitwert von 100.000 Euro bei 1.755,00 Euro (§ 13 RVG). In der 1. Instanz gilt grundsätzlich 1,3 Gebührensätze.

Beim eigenen Anwalt steigt die Gebühr wegen des zweiten Mandanten um 0,3. Die zuvor angefallene außergerichtliche Geschäftsgebühr (1,6) wird zur Hälfte angerechnet, höchstens 0,75. Es werden daher 0,75 angerechnet. Damit ergibt sich: 1,3 + 0,30 − 0,75 = 0,85 Gebührensätze. So ergibt sich die Verfahrensgebühr:

1. Instanz: Verfahrensgebühr
Eigener AnwaltGegnerischer Anwalt
0,85 × 1.755,00 = 1.491,75 Euro1,3 × 1.755,00 = 2.281,50 Euro

Allgemein regelt Nr. 3100 RVG die Verfahrensgebühr in der 1. Instanz (1,3 Sätze). Sie entsteht für das Betreiben der Sache einschließlich der Information.

Vertretet der Anwalt mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit, erhöht sich die Gebühr je weiterer Person um 0,3 (Nr. 1008 VV RVG). Die Erhöhung ist auf 2,0 begrenzt. Kommt außergerichtlich keine Einigung zustande und folgt eine Klage, wird die Hälfte der Geschäftsgebühr, höchstens 0,75, auf die Verfahrensgebühr angerechnet.

2.2 Erste Instanz: Terminsgebühr

Diese Gebühr entsteht für die Teilnahme an Terminen, z. B. Verhandlung, Erörterung oder Beweisaufnahme. In der 1. Instanz beträgt sie stets 1,2 Gebührensätze. Die 1,0-Gebühr bei 100.000 Euro Streitwert beträgt 1.755,00 Euro. Daraus folgt:

1. Instanz: Terminsgebühr
Eigener AnwaltGegnerischer Anwalt
1,2 × 1.755,00 = 2.106,00 Euro1,2 × 1.755,00 = 2.106,00 Euro

Nr. 3104 RVG regelt die Terminsgebühr (1,2). Sie gilt für gerichtliche Termine und, wenn nichts anderes bestimmt ist, auch für bestimmte außergerichtliche Termine und Besprechungen. Nicht erfasst ist ein Termin, der nur der Verkündung einer Entscheidung dient.

  • Termine eines gerichtlich bestellten Sachverständigen
  • Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens (nicht mit dem Auftraggeber)

2.3 Erste Instanz: Einigungsgebühr

Die Einigungsgebühr entsteht, wenn der Anwalt an einem Vergleich oder Vertrag mitwirkt. In der 1. Instanz beträgt sie 1,0 Gebührensätze. Bei 100.000 Euro Streitwert entspricht die 1,0-Gebühr 1.755,00 Euro. Damit gilt:

1. Instanz: Einigungsgebühr
Eigener AnwaltGegnerischer Anwalt
1,0 × 1.755,00 = 1.755,00 Euro1,0 × 1.755,00 = 1.755,00 Euro

Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung an einem Vertrag, der den Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechts­verhältnis beendet. Sie entsteht nicht, wenn der Vertrag nur ein Anerkenntnis oder einen Verzicht enthält. Außergerichtlich beträgt sie 1,5 (VV 1000). Im gerichtlichen Verfahren sind es 1,0 in der 1. Instanz (VV 1003) und 1,3 in Berufung und Revision (VV 1004). Bei einer Einigung sinken die Gerichtskosten: in der 1. Instanz von 3,0 auf 1,0, in der Berufung von 4,0 auf 2,0 und in der Revision von 5,0 auf 3,0.

2.4 Erste Instanz: Gerichtskosten

In der 1. Instanz sind Gerichtskosten grundsätzlich mit 3,0 Gebührensätzen angesetzt. Auf sie fällt keine Umsatzsteuer an. Bei einer Einigung in der 1. Instanz sinken sie auf 1,0 Satz. Die 1,0-Gebühr bei 100.000 Euro Streitwert beträgt nach § 34 GKG 1.198,00 Euro (siehe Tabelle der Gerichtskosten nach GKG). Damit gilt:

1. Instanz: Gerichtskosten
1,0 × 1.198,00 = 1.198,00 Euro

Das GKG legt je nach Streitwert einen einfachen Satz fest. Je Instanz wird ein Vielfaches dieses Satzes erhoben: 1. Instanz 3,0 (bei Einigung 1,0; Nr. 1210, 1211), Berufung 4,0 (bei Einigung 2,0; Nr. 1220, 1222), Revision 5,0 (bei Einigung 3,0; Nr. 1230, 1232).

2.5 Erste Instanz: Gesamtkosten

Die Gesamtkosten der 1. Instanz betragen:

1. Instanz: Gesamtkosten
Verfahrensgebühr eigener Anwalt1.491,75 Euro
Verfahrensgebühr gegnerischer Anwalt+ 2.281,50 Euro
Terminsgebühr eigener Anwalt+ 2.106,00 Euro
Terminsgebühr gegnerischer Anwalt+ 2.106,00 Euro
Einigungsgebühr eigener Anwalt+ 1.755,00 Euro
Einigungsgebühr gegnerischer Anwalt+ 1.755,00 Euro
2 × Pauschale für Post und Telefon+ 40,00 Euro
19 % MwSt.+ 2.191,70 Euro
Gerichtskosten+ 1.198,00 Euro
Summe= 14.924,95 Euro

3. Gesamtkosten des Rechtsstreits

Die Gesamtkosten sind die Summe aus den außergerichtlichen Kosten und den Kosten der 1. Instanz:

Gesamtkosten des Rechtsstreits
Kosten außergerichtlich3.365,32 Euro
Kosten 1. Instanz+ 14.924,95 Euro
Summe= 18.290,27 Euro

Erhöhte Kosten bei umfangreichen Beweisaufnahmen

Gibt es in einer Instanz mindestens drei Beweisaufnahmen mit Sachverständigen oder Zeugen, steigt das Kostenrisiko um 0,3 Gebührensätze für diese Instanz. Im Beispiel: 0,3 × 1.755,00 Euro = 526,50 Euro. Diese Zusatzgebühr deckt den Mehraufwand ab.

Weitere Kosten

Zusätzliche Ausgaben, etwa für Sachverständige oder Zeugenentschädigungen, lassen sich vorab nicht genau abschätzen. Sie können das Gesamtrisiko weiter erhöhen.

4. Ergebnis und Fazit zu den Prozesskosten

Am Ende einigen sich Herr Schäfer und Herr Meyer mit dem Beklagten: Sie erhalten die offenen 100.000 Euro, tragen aber die Prozesskosten zur Hälfte.

Ergebnis des Rechtsstreits
Zahlung des offenen Betrags100.000,00 Euro
50 % der Prozesskosten (18.290,27 Euro)− 9.145,13 Euro
Summe= 90.854,87 Euro

Statt der erwarteten 100.000 Euro erhalten sie also knapp 91.000 Euro. Da der Fall vor Gericht weniger eindeutig war als gedacht, sind beide mit der Einigung in 1. Instanz zufrieden. Ein komplettes Verfahren hätte ein Kostenrisiko von 56.207,19 Euro bedeutet.

Hätten sie den Prozess in letzter Instanz verloren, müssten sie auf die 100.000 Euro verzichten und zusätzlich alle Kosten von über 56.000 Euro zahlen.

Quellenangaben

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Letzte Aktualisierung

Diese Seite der Themenwelt "Prozesskosten" wurde von mir, Stefan Banse, zuletzt am 12.05.2025 redaktionell überprüft oder ergänzt. Sie entspricht dem aktuellen Stand.

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