Herr Schäfer und Herr Meyer, regelmäßige Besucher unserer über 200 Online-Tools, suchten bei uns Rat, um die Prozesskosten für ihren Rechtsstreit einzuschätzen. Anhand ihres Falls zeigen wir die entstehenden und möglichen Kosten.
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So konnten wir das Risiko der Prozesskosten aufzeigen.
Inhalt
Grundlagen für das Beispiel
Herr Schäfer und Herr Meyer führen zusammen einen Rechtsstreit mit einem Kunden, der ihnen 100.000 Euro schuldet. Sie beauftragen einen Anwalt, der zuerst versucht, die Sache außergerichtlich zu klären. Da dies nicht gelingt, erheben sie Klage.
Weil der Fall nicht so eindeutig ist wie gedacht, einigen sie sich in der 1. Instanz mit dem Beklagten auf einen Kompromiss: Die Kläger bekommen die 100.000 Euro, und die Prozesskosten werden je zur Hälfte vom Beklagten sowie von Herrn Schäfer und Herrn Meyer getragen.
Der Streitwert liegt damit bei 100.000 Euro. Der eigene Anwalt vertritt zwei Mandanten in derselben Sache, während der gegnerische Anwalt nur einen Mandanten vertritt.
1. Außergerichtlich
1.1 Außergerichtliche Geschäftsgebühr
Eine Geschäftsgebühr entsteht, wenn der Anwalt beauftragt wird, seinen Mandanten außergerichtlich und auch gegenüber Dritten zu vertreten.
Im Fall "Schäfer/Meyer" geht man von mittlerem Aufwand aus. Daher fallen laut RVG 1,3 Gebührensätze an. Da zwei Mandanten in derselben Sache vertreten werden, kommen 0,3 Gebührensätze hinzu.
Die 1,0-Gebühr bei einem Streitwert von 100.000,00 Euro beträgt 1.755,00 Euro nach § 13 RVG (siehe: Tabelle der Anwaltsgebühren nach RVG). Daraus ergibt sich die Geschäftsgebühr:
| Außergerichtliche Geschäftsgebühr |
|---|
| 1,6 × 1.755,00 = 2.808,00 Euro |
Allgemein beträgt die Geschäftsgebühr nach RVG VV 2300 zwischen 0,5 und 2,5 Gebührensätzen. Sie entsteht für das Führen der Angelegenheit, die Information des Mandanten und die Mitwirkung bei einem Vertrag. Mehr als 1,3 kann nur verlangt werden, wenn die Arbeit umfangreich oder schwierig war. Bei mehreren Mandanten in derselben Sache erhöht sich die Gebühr je weiterer Person um 0,3 Gebührensätze nach Nr. 1008 VV RVG.
Die Erhöhung ist auf 2,0 Gebührensätze begrenzt. Ab mehr als acht Mandanten wird nichts weiter addiert. Kommt außergerichtlich keine Einigung zustande und wird danach Klage erhoben, wird die Hälfte der Geschäftsgebühr, höchstens 0,75, auf die Verfahrensgebühr angerechnet.
1.2 Außergerichtliche Gesamtkosten
Die außergerichtlichen Gesamtkosten für Herrn Schäfer und Herrn Meyer setzen sich wie folgt zusammen:
| Außergerichtliche Gesamtkosten | |
|---|---|
| Geschäftsgebühr | 2.808,00 Euro |
| Pauschale für Post und Telefon | + 20,00 Euro |
| 19 % MwSt. | + 537,32 Euro |
| Summe | = 3.365,32 Euro |
Die Pauschale für Post- und Telekommunikationskosten nach RVG VV 7002 beträgt 20 Euro und wurde hier einbezogen. Höhere nachgewiesene Auslagen können nach VV 7001 vollständig berechnet werden.
Weitere Kosten nach RVG 7000, 7003 ff. können zum Beispiel für Kopien von Gerichtsakten, Fahrtkosten, Geschäftsreisen oder für eine besondere Haftpflichtversicherung anfallen. Solche Kosten sind hier nicht berücksichtigt.
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2. Erste Instanz
2.1 Erste Instanz: Verfahrensgebühr
Die Verfahrensgebühr fällt für die Vertretung im Gerichtsverfahren an. Dazu zählen die Vorbereitung der Klage, der Entwurf und das Einreichen der Klageschrift. Eine 1,0-Gebühr liegt bei einem Streitwert von 100.000 Euro bei 1.755,00 Euro (§ 13 RVG). In der 1. Instanz gilt grundsätzlich 1,3 Gebührensätze.
Beim eigenen Anwalt steigt die Gebühr wegen des zweiten Mandanten um 0,3.
Die zuvor angefallene außergerichtliche Geschäftsgebühr (1,6) wird zur Hälfte angerechnet, höchstens 0,75.
Es werden daher 0,75 angerechnet. Damit ergibt sich:
| 1. Instanz: Verfahrensgebühr | |
|---|---|
| Eigener Anwalt | Gegnerischer Anwalt |
| 0,85 × 1.755,00 = 1.491,75 Euro | 1,3 × 1.755,00 = 2.281,50 Euro |
Allgemein regelt Nr. 3100 RVG die Verfahrensgebühr in der 1. Instanz (1,3 Sätze). Sie entsteht für das Betreiben der Sache einschließlich der Information.
Vertretet der Anwalt mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit, erhöht sich die Gebühr je weiterer Person um 0,3 (Nr. 1008 VV RVG). Die Erhöhung ist auf 2,0 begrenzt. Kommt außergerichtlich keine Einigung zustande und folgt eine Klage, wird die Hälfte der Geschäftsgebühr, höchstens 0,75, auf die Verfahrensgebühr angerechnet.
2.2 Erste Instanz: Terminsgebühr
Diese Gebühr entsteht für die Teilnahme an Terminen, z. B. Verhandlung, Erörterung oder Beweisaufnahme. In der 1. Instanz beträgt sie stets 1,2 Gebührensätze. Die 1,0-Gebühr bei 100.000 Euro Streitwert beträgt 1.755,00 Euro. Daraus folgt:
| 1. Instanz: Terminsgebühr | |
|---|---|
| Eigener Anwalt | Gegnerischer Anwalt |
| 1,2 × 1.755,00 = 2.106,00 Euro | 1,2 × 1.755,00 = 2.106,00 Euro |
Nr. 3104 RVG regelt die Terminsgebühr (1,2). Sie gilt für gerichtliche Termine und, wenn nichts anderes bestimmt ist, auch für bestimmte außergerichtliche Termine und Besprechungen. Nicht erfasst ist ein Termin, der nur der Verkündung einer Entscheidung dient.
- Termine eines gerichtlich bestellten Sachverständigen
- Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens (nicht mit dem Auftraggeber)
2.3 Erste Instanz: Einigungsgebühr
Die Einigungsgebühr entsteht, wenn der Anwalt an einem Vergleich oder Vertrag mitwirkt. In der 1. Instanz beträgt sie 1,0 Gebührensätze. Bei 100.000 Euro Streitwert entspricht die 1,0-Gebühr 1.755,00 Euro. Damit gilt:
| 1. Instanz: Einigungsgebühr | |
|---|---|
| Eigener Anwalt | Gegnerischer Anwalt |
| 1,0 × 1.755,00 = 1.755,00 Euro | 1,0 × 1.755,00 = 1.755,00 Euro |
Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung an einem Vertrag, der den Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beendet. Sie entsteht nicht, wenn der Vertrag nur ein Anerkenntnis oder einen Verzicht enthält. Außergerichtlich beträgt sie 1,5 (VV 1000). Im gerichtlichen Verfahren sind es 1,0 in der 1. Instanz (VV 1003) und 1,3 in Berufung und Revision (VV 1004). Bei einer Einigung sinken die Gerichtskosten: in der 1. Instanz von 3,0 auf 1,0, in der Berufung von 4,0 auf 2,0 und in der Revision von 5,0 auf 3,0.
2.4 Erste Instanz: Gerichtskosten
In der 1. Instanz sind Gerichtskosten grundsätzlich mit 3,0 Gebührensätzen angesetzt. Auf sie fällt keine Umsatzsteuer an. Bei einer Einigung in der 1. Instanz sinken sie auf 1,0 Satz. Die 1,0-Gebühr bei 100.000 Euro Streitwert beträgt nach § 34 GKG 1.198,00 Euro (siehe Tabelle der Gerichtskosten nach GKG). Damit gilt:
| 1. Instanz: Gerichtskosten |
|---|
| 1,0 × 1.198,00 = 1.198,00 Euro |
Das GKG legt je nach Streitwert einen einfachen Satz fest. Je Instanz wird ein Vielfaches dieses Satzes erhoben: 1. Instanz 3,0 (bei Einigung 1,0; Nr. 1210, 1211), Berufung 4,0 (bei Einigung 2,0; Nr. 1220, 1222), Revision 5,0 (bei Einigung 3,0; Nr. 1230, 1232).
2.5 Erste Instanz: Gesamtkosten
Die Gesamtkosten der 1. Instanz betragen:
| 1. Instanz: Gesamtkosten | |
|---|---|
| Verfahrensgebühr eigener Anwalt | 1.491,75 Euro |
| Verfahrensgebühr gegnerischer Anwalt | + 2.281,50 Euro |
| Terminsgebühr eigener Anwalt | + 2.106,00 Euro |
| Terminsgebühr gegnerischer Anwalt | + 2.106,00 Euro |
| Einigungsgebühr eigener Anwalt | + 1.755,00 Euro |
| Einigungsgebühr gegnerischer Anwalt | + 1.755,00 Euro |
| 2 × Pauschale für Post und Telefon | + 40,00 Euro |
| 19 % MwSt. | + 2.191,70 Euro |
| Gerichtskosten | + 1.198,00 Euro |
| Summe | = 14.924,95 Euro |
3. Gesamtkosten des Rechtsstreits
Die Gesamtkosten sind die Summe aus den außergerichtlichen Kosten und den Kosten der 1. Instanz:
| Gesamtkosten des Rechtsstreits | ||
|---|---|---|
| Kosten außergerichtlich | 3.365,32 Euro | |
| Kosten 1. Instanz | + 14.924,95 Euro | |
| Summe | = 18.290,27 Euro | |
Erhöhte Kosten bei umfangreichen Beweisaufnahmen
Gibt es in einer Instanz mindestens drei Beweisaufnahmen mit Sachverständigen oder Zeugen, steigt das Kostenrisiko um 0,3 Gebührensätze für diese Instanz. Im Beispiel: 0,3 × 1.755,00 Euro = 526,50 Euro. Diese Zusatzgebühr deckt den Mehraufwand ab.
Weitere Kosten
Zusätzliche Ausgaben, etwa für Sachverständige oder Zeugenentschädigungen, lassen sich vorab nicht genau abschätzen. Sie können das Gesamtrisiko weiter erhöhen.
4. Ergebnis und Fazit zu den Prozesskosten
Am Ende einigen sich Herr Schäfer und Herr Meyer mit dem Beklagten: Sie erhalten die offenen 100.000 Euro, tragen aber die Prozesskosten zur Hälfte.
| Ergebnis des Rechtsstreits | |
|---|---|
| Zahlung des offenen Betrags | 100.000,00 Euro |
| 50 % der Prozesskosten (18.290,27 Euro) | − 9.145,13 Euro |
| Summe | = 90.854,87 Euro |
Statt der erwarteten 100.000 Euro erhalten sie also knapp 91.000 Euro. Da der Fall vor Gericht weniger eindeutig war als gedacht, sind beide mit der Einigung in 1. Instanz zufrieden. Ein komplettes Verfahren hätte ein Kostenrisiko von 56.207,19 Euro bedeutet.
Hätten sie den Prozess in letzter Instanz verloren, müssten sie auf die 100.000 Euro verzichten und zusätzlich alle Kosten von über 56.000 Euro zahlen.
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Quellenangaben
Insbesondere die Informationen folgender Quellen haben wir für die Themenwelt "Prozesskosten" verwendet:
- RVG - Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Juris und Bundesministerium der Justiz)
- GKG - Gerichtskostengesetz (Juris und Bundesministerium der Justiz)
- Wikipedia
- Wikipedia - RVG
Letzte Aktualisierung
Diese Seite der Themenwelt "Prozesskosten" wurde von mir, Stefan Banse, zuletzt am 12.05.2025 redaktionell überprüft oder ergänzt. Sie entspricht dem aktuellen Stand.
Änderungen in Themenwelt "Prozesskosten"
- Überprüfen des Prozesskostenrechners und der Berechnungsbeispiele auf mögliche Änderungen für 2026. Es sind keine Änderungen erfolgt.
- Neue Gebühren ab Juni 2025: Anpassungen des Prozesskostenrechners und des Prozesskosten-Beispiels an die neuen Gebühren.
- Veröffentlichung der ab Juni 2025 gültigen Tabellen zu den Anwaltskosten sowie den Gerichtskostentabellen.
- Redaktionelle Überarbeitung dieser Seite

